Ei, Ei, Vogelei

Eier von Wasservögeln wie Trottellummen, Tordalen, Gryllteisten. Bild Stefan Gudmundsson. 25.05.2017

Seit vielen Jahrhunderten freuten sich die Küsten- und Inselbewohner Islands, wenn im Frühsommer die Vögel zur Paarung und Brut an ihre Felsen zurück kehrten. Sie freuten sich vor allem über die Abwechslung im Speiseplan nach dem harten und oft entbehrungsreichen Winter. Der Frühsommer versprach Meeresvögel und deren Eier auf dem Tisch. Es sind Trottellummen, Tordalken, Gryllteisten und natürlich die Papageitaucher, die jährlich an ihre Stammplätze zurückkehren. Die drei Erstgenannten sind nicht ganz einfach zu unterscheiden, da sie von Form, Farbe und Grösse sehr ähnlich aussehen. Ihre Hauptfarbe ist schwarz, mit mehr oder weniger weiss durchsetzt. Die Isländer machten es sich einfach und kreierten den Überbegriff „Svartfugl“, was soviel wie Schwarzvogel bedeutet. Diese Meeresvögel sind nicht überall in Island zu finden, aber die Vogelfelsen sind bekannt und werden von Ornithologen gerne besucht.

Für Eiersammler und Vogeljäger war diese Nahrungssuche alles andere als einfach, denn die schwarzen Meeresvögel wohnen an steilen, teilweise sehr hohen Klippen, wo sie sich geschützt fühlen. Dorthin führen weder Weg noch Treppe und weit unten tobt die Brandung des Atlantiks. Was früher nichts anderes als Nahrungsmittelbeschaffung war, ist heute noch ein Frühlingssport. Mit am Felsen befestigten, langen Seilen schwingen sich die Jäger und Sammler dem Felsen entlang, stossen sich immer wieder mit den Beinen von den Felsen weg und versuchen im Schwung etwas zu erhaschen. Die Vogeleier sind zerbrechlich und eine weitere Kunst ist es, dieses heil und ganz zu transportieren. Nicht immer ist es der Mensch, welcher sich ein paar Eier raubt, einige stürzen auch ab, was nicht weiter erstaunt, wenn man einen Vogelfelsen wie zum Beispiel Latrabjarg beobachtet. Die Lummen, Alken und Teisten stehen dicht aneinander gereiht auf  ganz kleinen Simsen am senkrechten Felsen, eine sehr exponierte Lage. Nicht gesammelt werden die Eier der Papageitaucher, sie sind gut geschützt in einem ein- bis eineinhalb Meter tiefen Tunnel in der Grasnarbe verborgen und nicht sichtbar.

Die Eiersammlerei ist nicht ungefährlich und die Technik muss beherrscht werden. Nur wenige üben sich darin im Frühlign und deshalb sind auch die Vogelbestände nicht gefährdet.  Es sind einzig die einheimischen Küstenbewohner, welche sich jährlich ein anderes Frühstücksei gönnen. In Breidavik nahe Latrabjarg erzählte die Hotelbesitzerin, deren Sohn die grossen Eier fürs Frühstücksbuffet brachte, dass in diesem Gebiet ausnehmend viele Zwillinge geboren werden und sie fragen sich, ob dies am Genuss der Eier der Schwarzvögel liegen könnte…

Aber nicht nur die Eier der schwarzen Wasservögel sind bedroht. Viele Vogelarten nisten am Boden, die Austernfischer am liebsten im lockeren Material am Strassenrand, wo der Fuchs guten Zugang zu Eiern oder Jungvögeln findet oder wo der unachtsame Mensch sie überfährt oder darauf tritt.

 

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