Gemäss neustem, jährlich erscheinendem World Happiness Report ist Island in Sachen Glücksgefühl auf Platz vier zu finden, aber genau jetzt reisen weniger Touristen nach Island, wie die Statistiken zeigen. Die Podestplätze beim UNO-Ranking holen sich die nordischen Länder, 3. Norwegen, 2. Dänemark und Spitzenreiter ist Finnland. Die Schweiz liegt an 6. Stelle, nachdem diese im Jahr 2015 noch an ersten Stelle lag, gefolgt von Island. Das Schweizer Fernsehen SRF sendet zur Zeit eine Serie zu diesem Thema und beleuchtet darin, was die Leute in den nordischen Staaten glücklicher macht als andere. In einem ersten Teil wurde Island vorgestellt. Arthur Honegger von 10 vor 10 recherchierte mit einem Kamerateam in Reykjavik und Umgebung. Die interviewten Personen schätzen die Gleichstellung, die Sicherheit dank wenig Kriminalität, den Zusammenhalt unter den Isländern, besonders in den Familien. Alle wissen, dass die Bevölkerungszahl klein ist und trotzdem hält man den Staat am Funktionieren. Das geflügelte Wort der Isländer „thetta reddast“, was übersetzt so viel heisst wie, es geht schon irgendwie, dürfte zum Glück beitragen, denn verschiedenste Dinge belasten die Menschen unter diesem Motto weniger.
Aber der Wirtschaftszweig Nummer eins, der Tourismus ist doch ein Grund zur Sorge, man stellt eine Wende fest. Haben während den letzten Jahren die Touristenzahlen stark zugenommen, sind diesen Sommer merkbar weniger Leute auf der Insel. Was die Reiseanbieter bedrückt, freut die Islandbesucher. So bin auch ich selbst gespalten. Zum einen möchte ich gerne meine Reisen verkaufen können und mit gut gebuchten Gruppen losziehen, aber vor Ort bin ich glücklich, wenn die Sehenswürdigkeiten nicht überlaufen sind. „Geisch is Puff?“ (gehst du ins Gedränge?), wurde ich kürzlich von einer früheren Reiseteilnehmerin gefragt, als ich mit meinem Koffer am Wohnort in den Zug Richtung Flughafen stieg. Ich blieb etwas verwundert stehen und fragte, was sie genau meine. Sie antwortete, was ich vermutete, sie hätte aus Zeitungs- und Fernsehberichten erfahren, dass Island nun total überrannt werde von Touristen. Die Süddeutsche Zeitung, 20 Minuten, Blick und andere veröffentlichten einigermassen negative Beiträge, Radio und Fernsehen ebenso. Vor meiner letzten Tour im Juli, in der höchsten Hochsaison war ich gespannt, wie ich Island antreffen würde. Wir fanden kein Gedränge vor, wo immer wir hinkamen. Bei Geysir und Gullfoss waren wir relativ früh am Morgen, was sich immer lohnt, aber auch nachmittags hatte es bei den Wasserfällen der Südküste und selbst am Strand Reynisfjara weniger Leute und Parkplätze waren genügend verfügbar. Das hatten wir definitiv schon anders erlebt. Am nächsten Tag erwartete ich bei der Gletscherlagune mehrere grosse Busse zu treffen, aber nur ein einziger war da und keine weiteren tauchten auf, was mich sehr überraschte und gleichzeitig erfreute. Während den beiden Hochlandtagen trafen wir nur wenige Autos und am Myvatn durften wir das Naturbad fast für uns alleine beanspruchen. So war es denn nicht erstaunlich, dass wir die zahlreicheren Leute am letzten Tag in Thingvellir als Grossauflauf bezeichneten, obwohl dort die letzten Jahre deutlich mehr Leute waren. Zugegeben, ich war positiv überrascht, aber ich weiss auch, dass gerade beim Golden Kreis im Süden oder am Myvatn im Norden sehr viele Leute sein können, wenn ein, zwei oder mehr grosse Kreuzfahrtschiffe am selben Tag in den Häfen liegen. Und die Anzahl Schiffe ist nach wie vor steigend. Trifft man auf diese Schiffsmassen, gilt es am besten auszuweichen und später zurückzukehren, denn die Leute sind bald wieder weg. Der Schiffstourismus boomt aktuell am meisten und nicht nur in Island. Die Zahl der Islandbesucher im Mai ist im Vergleich zum letzen Jahr um 17% gesunken ist, durchs zweite Quartal des Jahres sogar um 20%. Die Anzahl Übernachtungen hat im Mai um 10% abgenommen. Am meisten betroffen war Aurbnb mit 29%, während die Hotels nur einen Rückgang von 3% verzeichneten. Dieser Trend dürfte mit dem Grounding von WOWair, dem sehr hohen Preisniveau, den zunehmenden Kreuzfahrtschiffpassagieren zusammenhängen, aber auch auf die Negativberichte zurückzuführen sein. Zu denken gibt vielleicht, dass in Reykjavik gerade viele neue Hotelzimmer fertiggestellt werden und auf dem Land diverse Unterkünfte ihre Kapazität erweitern. Ob es alle die neuen Betten wirklich braucht, wird sich zeigen, vielleicht lassen sie die Preise etwas fallen? Wie auch immer, mitten im Juli fanden meine Gruppe und ich ein herrliches und absolut nicht überlaufenes Island vor, welches wir in vollen Zügen genossen. Ich wünsche mir, dass ich so noch mit vielen Islandinteressierten auf meinen Reisen unterwegs sein darf, die Angebote für den Winter sind buchbar, diejenigen für nächsten Sommer folgen in Kürze.