Noch sind die speziellen Schaf- und Pferdepferche, genannt Rett leer, aber die Zeit der Abtriebe, des Einsammelns naht. Traditionell treibt man im September in den verschiedenen Region die Schafe, welche durch den Sommer alleine unterwegs waren, zusammen und holt auch die Jungpferde aus den Bergen zurück. Zu diesen Anlässen braucht es viele Personen, seien es Freunde, Bekannte, Verwandte oder gar pferdegewandte Touristen, welche mithelfen. Unter der aktuellen Coronasituation wird das nun definitiv schwierig und bereits laufen Anfragen für Sondergenehmigungen, damit in den grossen Gebieten mehr als 100 Personen bei der Schafsortierung zur Verfügung stehen. Wo normalerweise 150 Personen im Einsatz sind, ist die Zahl durch die Versammlungsregel auf 100 begrenzt. Gäste, Zuschauer und freiwillige Helfer werden in diesem Herbst nicht zugelassen. Aber die Beschränkung der Versammlungszahl ist nicht die einzige einschränkende Regel. Alle Teilnehmer müssen die geltende Zweimeter-Abstandsregel einhalten, welche in Island oft als „Zwei-Schaf-Regel“ bezeichnet wird. Zudem ist es Pflicht, die isländische Tracing-App auf dem Handy geladen zu haben. Es ist vorgesehen, an den Eingängen der Pferche Namenlisten zu führen, um allfällige Ansteckungen mit dem Corona-Virus nachverfolgen zu können. Schafs- und Pferdeabtriebe sind oft lange dauernde, anstrengende Anlässe, die bei jedem Wetter stattfinden. Normalerweise sind diese Anlässe eine Art Volksfest. Die meisten trinken unterwegs nicht nur Wasser, viele haben einen schnapsgefüllten Flachmann in der Tasche, der allzu gerne auch mit anderen geteilt wird. Dies ist natürlich dieses Jahr nicht erlaubt und auch die Feiern im Anschluss der Abtriebe dürften gar nicht oder nur unter Restriktionen stattfinden. Eine beliebte Tradition erleidet im Herbst 2020 schwierige Bedingungen. In den Medien ist nachzulesen, dass auch über den Kilogrammpreis für Lammfleisch gestritten wird. Der Preiszerfall in den Vorjahren führte bereits zur Reduktion der Anzahl Schafe in Island, die schwierigen Bedingungen dürften Schafsbesitzer nochmals veranlassen, mehr Lämmer auf die Schlachtbank zu führen.
Update 06. September
Die Corona-Fallzahlen sehen in Island wieder besser aus, die Neuinfektionen nehmen seit einigen Tagen ab. Deshalb hat die Regierung entschieden, dass ab Montag, 7. September der obligatorische Abstand von zwei auf einen Meter reduziert wird, gleichzeitig dürfen sich ab diesem Datum wieder 200 anstatt 100 Personen versammeln. Für Schwimmbäder und Fitnesscenter gilt die 75% anstatt 50% Kapazität.
Für die Schafs- und Pferdeabtriebe bringt dies eine gewisse Erleichterung. Allerdings hat man in Nord- und Ostisland in der vergangenen Woche in aller Eile begonnen, die Tiere einzusammeln. Grund dafür waren Wetterwarnungen, welche Sturm und Schnee bis in tiefere Lagen ankündigten. Die höchstgelegene, noch bewirtschaftete Farm Islands, Mödrudalur zeigte ich am Freitagmorgen bereits winterlich!