Ausbruch des Vulkans Katla vor 100 Jahren

Blick von Kap Dyrholaey auf den Myrdalsjökull, unter dem der Vulkan Katla lauert. 08.03.2017

In den letzten Tagen konnte man in Medien wie Iceland Review Warnungen lesen, dass bei der Gletscherzunge des Solheimajökull Schwefel zu riechen sei und man sich nicht in Senken aufhalten sollte. Schwefel kann diverse Reizungen zur Folge haben. Ein Grund für den stärkeren Schwefelgeruch war eine ungewöhnliche, mehrere Tage dauernde Windstille, welche die Luft nicht  austauschte. Solheimajökull ist ein Teil des Myrdalsjökull unter welchem der Vulkan Katla lauert. Dass ein Ausbruch bevorsteht, haben die Behörden eher verneint, da weder eine veränderte Konduktivität (elektrische Leitfähigkeit) im Wasser noch grössere Erdbebentätigkeit oder Gasemissionen gemessen werden konnte.

Aber im Oktober vor hundert Jahren beim letzten Ausbruch des Vulkans Katla war es anders: Am 12. Oktober 1918 kündigte ein starkes Erdbeben um die Mittagszeit den Ausbruch des Vulkans Katla an. Bereits zwei Stunden später konnte man eine 14 Kilometer hohe Rauchsäule aufsteigen sehen. Tephra zerstörte eine Farm in Skaftartunga und bei Kötlukökull sah man die ersten Gletscherläufe hervorbrechen. Die Ebene des Myrdalssandur wurde mehrheitlich von Wasser überflutet. Eine zweite Flutwelle gegen Abend transportierte sehr grosse Eisblöcke von  bis zu 200 Metern Länge und 18 Metern Höhe. mit sich, welche in hohem Tempo über den Sandur rasten. Die Wassermenge während dem Höhepunkt wird auf 200’000 Kubikmeter pro Sekunde geschätzt. Der Myrdalssandur erhöhte sich durch Asche und vulkanische Ablagerungen um ungefähr einen Meter und wie bei früheren Ausbrüchen wurde viel Material zum Meer transportiert. Die Küstenlinie wurde ungefähr 500 Meter ins Meer hinausgeschoben. Während der nächsten 23 Tage gab es weitere Eruptionen. Es ist der letzte belegbare Ausbruch des Zentralvulkans. Spätere Ausbrüche werden nur vermutet, da es zu verschiedenen Gletscherläufen kam, welche auch Brücken zerstörten. 1955 und 2011 geschah dies beim Myrdalssandur, wo die allermeisten Gletscherläufe im Zusammenhang mit Katla-Ausbrüchen nachweisbar sind. 1999 aber traf es den Solheimasandur, welcher westlich von Vik liegt. Ingesamt schob sich die Küstenline beim Myrdalssandur seit der Besiedlung Islands trotz ständiger Meereserosion  bei Hörleifshöfdi ungefähr fünf Kilometer ins Meer hinaus. Bis zum heutigen Tag konnte man noch keinen grossen Ausbruch wie denjenigen von 1918 wissenschaftlich beobachten. Das Gebiet um den Myrdalsjökull steht inklusive der Gletscherflüsse unter sehr guter Beobachtung und die Bewohner von Vik müssen bei einem Ausbruch schnell reagieren. Deshalb werden Katastrophentrainings durchgeführt. 

Seismograph zur Überwachung des Vulkan Katla an der Öldufellsleid F232. 11.09.2018

Der Name Katla stammt von einer Volkssage, ist in Island aber auch ein Frauenname. Katla ist die weibliche Form von Ketill, übersetzt Kessel. Gemäss Volkssage (Wikipedia) besass die bösartige Arbeiterin Katla von Thykkvabaejarklaustur Wunderhosen, die verhinderten, dass jemand, der diese trug, ermüdete. Der Hirtenjunge Bardi lieh sich die Wunderhosen aus ohne Katla zu fragen, als er Schafe in den Bergen suchen musste. Katla tötete ihn, sobald er mit den Tieren zurückkehrte und entsorgte die Leiche in einem Fass Skyr. Im Laufe des Winters wurde der Skyr in der Tonne immer weniger und Katla hatte Angst entdeckt zu werden. Sie lief auf den nächsten Berg und verschwand darin. Damit löste sie einen Gletscherlauf des Vulkans aus. Nach ihr ist auch die Vulkanspalte Kötlugja benannt.

Der zentrale Vulkan Katla gehört zu einem Vulkansystem, welches ungefähr hundert Kilometer lang ist. Die Spalten reichen bis zu den Westmännerinseln im Westen und zu Eldgja im Osten. Katla wird von einer 200 bis 700 Meter dicken Eisschicht, dem Myrdalsjökull überdeckt. Diese füllt auch die aktuell ungefähr 80 km2 grosse Caldera aus. Die Caldera ist geschätzte 10 Kilometer breit, 14 Kilometer lang und zwischen 500 und 700 Meter tief. Ebenfalls unter Eis liegen die Schlote  der aktivsten Vulkanspalte Kötlugja. Die Magmakammer dürfte zwei Kilometer unter der Oberfläche liegen und bis drei Kilometer in die Tiefe reichen. Die Vulkanologen vermuten, Katla sei der zweitgrösste Vulkan Islands, welcher aber wohl die explosivsten Ausbrüche in der Geschichte der Insel produzierte, dies aufgrund des Zusammentreffens von Magma und Eis. In den letzten 1000 Jahren brach Katla etwa zwanzig aus. Der gewaltigste Ausbruch müsste aber 10’600 v. Chr. stattgefunden haben, die sogenannte Solheimar-Eruption. Asche von diesem Ausbruch lässt sich rund um den Nordatlantik finden. Beim Ausbruch in den Jahren 822/23 vernichtete der Gletscherlauf ein prähistorisches Birkenwald-Gebiet westlich von Katla. Entsprechende Baumstümpfe wurden 2017 in einer moorigen Bodenschicht gefunden und der Ausbruch konnte datiert werden. Die mit dem Vulkan Katla verbunde Feuerspalte Eldgja entstand nach neusten Erkenntnissen im Jahre 939. Ab dem 12. Jahrhundert konzentrierten sich die Ausbrüche auf die Vulkanspalte Kötlugja. Durchschnittlich zweimal pro Jahrhundert brach Katla aus, die Eruptionen von 1262, 1625, 1721 und 1755 verursachten grössere Schäden und zerstörten Farmen, so dass das Gebiet des Myrdalssandur lange Zeit unbesiedelt blieb. Während man im Süden des Gletschers vor allem Spuren von riesigen Gletscherläufen entdeckte, weisen am Nordrand des Gletschers Spuren auf fünf bis zehn effusive Eruptionen hin, bei der flüssige Lava austrat. Dies ist eindrücklich auf der Strecke F210, Fjallabak Sydri zu erkennen. Ob Eruptionen im Zusammenhang mit Ausbrüchen von Eyjafjallajökull stehen, wie 2010 befürchtet wurde, ist nicht nachgewiesen. Irgendwann wird Katla wieder ausbrechen, aber den Zeitpunkt kennt niemand. Erdbebenschwärme lassen von Zeit zu Zeit aufhorchen. Vermutlich wird es wieder einen Gletscherlauf beim Myrdalssandur geben. Wer im bis ins Jahr 2003 dort reiste, durchfuhr eine gigantische, schwarze Wüste,  die bei windigen Bedinungen für ihre Sandstürme berüchtigt war. Als Mittel gegen den fliegenden Sand, wurden Alaskalupinen angepflanzt und Mitte Juni bis Mitte Juli durchquert man mittlerweile ein endlos blaues Lupinenmeer. Aktuell mehren sich die Anzeichen, dass sich Magma beim Öraefajökull im Südosten sammelt. Beide Vulkane stehen unter genauster Beobachtung und Notfallpläne liegen vor. Im November vor 55 Jahren entstand bei einem Vulkanausbruch im Meer die Insel Surtsey, welche zu Westmännerinseln zählt. Ein Bericht dazu folgt später auf dieser Webseite.

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