Neuer Vulkanausbruch bei Grindavik – Update

Luftaufnahme des Vulkanausbruchs bei Grindavik mit beiden Eruptionsspalten. Bild M. Vogt von Volcano Heli. 14.01.2024

Nach weniger als einem Monat öffnete sich bei Grindavik am Sonntag, 14. Januar um acht Uhr Ortszeit schon wieder eine Vulkanspalte und kurz nach dem Mittag etwas südlicher nochmals eine. Es ist das erste Mal in der Ausbruchsserie auf der Halbinsel Reykjanes, dass Lava auch Schäden an Gebäuden verursachte. Die Menschen aus Grindavik leiden, die Verunsicherung ist gross und niemand kann vorhersagen, wie es weitergeht.

Ein Update vom 16. Januar befindet sich am Ende des Beitrags.

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Bericht über die tolle, vergangene Silvesterreise stehen, aber der fünfte Vulkanausbruch seit März 2021 hat Vorrang. Am 18. Dezember gab es einen zweieinhalbtägigen Vulkanausbruch, welcher den Namen Sundhnuksgigarödin erhielt, davon wurde auf dieser Webseite berichtet. Nach nur wenigen Wochen wiederholte sich nun alles, aber leider viel näher an der Ortschaft Grindavik und die Lava setzte noch am selben Nachmittag drei Gebäude in Brand und begrub diese. Im Liveblog von RUV konnte alles mitverfolgt werden. Bereits am Abend hörte die Lavaförderung in der kleinen Spalte auf, die grössere, etwas nördlichere Ausbruchsstelle ist am Montagabend immer noch aktiv.

Die Ereignisse überschlugen sich, aber man war vorbereitet und wusste, dass jederzeit wieder etwas geschehen konnte. Die nach dem heftigen Erdbeben im November evakuierten Menschen von Grindavik kehrten langsam und in kleiner Zahl in ihre Wohnungen und Häuser zurück. So taten es auch eine Woche vor dem jetzigen Ausbruch Saerun und Heidar, die in meinem Ferienhaus Unterschlupf gefunden hatten. Ich sagte ihnen anfangs Januar, sie sollen den Schlüssel vorerst behalten und sie könnten jederzeit zurückkehren, wenn es nötig sein sollte. Wer hätte schon gedacht, dass es so schnell sein würde? Die Wissenschaftler und Behörden interpretierten die Anzeichen am Samstag richtig und wer in Grindavik war, musste den Ort wieder verlassen. Meine beiden Hausbewohner weilten bereits ab Freitag bei Vogar. Saerun rief an und fragte, ob sie wieder ins Haus dürften, sie fühle sich nicht mehr sicher in Grindavik. Es gab dort zwei tragische Unfälle im Zusammenhang mit Reparaturen, vor allem der spätere lehrte den Leuten das Fürchten. Ein Bauarbeiter fiel zusammen mit der Walze in eine Erdspalte, die zugeschüttet worden war und er war daran das Füllmaterial auszuebnen. Es gab keine Augenzeugen, aber der Mann war einfach weg und verschwunden. Die Walze konnte in der Spalte ausgemacht werden, aber der Bauarbeiter wurde trotz intensiver Suche nicht mehr gefunden. Die Spalte wurde weiter unten breiter und dann folgt gegen unten ungefähr Wasser mit Strömung von ungefähr 14 Meter Tiefe – der Mann war im wahrsten Sinne des Wortes vom Erdboden verschluckt worden, eine unglaubliche Tragik, welche die Menschen vor Ort in Angst versetzte. Hatte Saerun eine Vorahnung? Die örtliche und mit ihr die ganze isländische Bevölkerung sind geschockt, sowohl die Ministerpräsidentin als auch der Staatspräsident sprachen bereits am Sonntag zu ihnen. Die Spendensammlung des Roten Kreuzes zeigt die Solidarität der isländischen Bevölkerung, ein schöner Geldbetrag kam schon zusammen und es dürfte noch mehr werden.

Erst vor kurzer Zeit hatte man mit dem Bau des Schutzwalls für Grindavik nach dem Vorbild des fertigen Damms beim Kraftwerk Svartsengi und Blue Lagoon begonnen. Die arbeiten fanden rund um die Uhr statt, alles verfügbare schwere Gerät war in Grindavik. Die Behörden wussten um die Dringlichkeit des Baus. Die Lava der nördlicheren Ausbruchsspalte fliesst in Richtung Schutzwall und wird noch immer erfolgreich weggeleitet. Aber leider lag die zweite, kleinere Spalte südlich des neuen Bauwerks und konnte so ungehindert in den Ort fliessen und die Häuser in der äussersten Ecke zerstören. Eindrückliche Karten des neusten Lavafeldes sieht man im Bericht des Icelandic Met Office (IMO) vom 15. Januar. Im Zusammenhang mit dem Ausbruch gab es auch weitere Schäden an Strassen, die Landdeformation ist einmal mehr gewaltig. Die Tatsache, dass sich das Land bei Svartsengi weiter hebt, lässt andauerndes, unterirdisches Einströmen von Magma vermuten. Niemand kann zur Zeit sagen, ob es weitere Ausbrüche geben wird, ob sich die Spalten verändern oder vermehren. Die Erdkruste an den Plattengrenzen ist sehr unstabil und in Bewegung, für die Menschen von Grindavik sind Gedanken an die nähere und fernere Zukunfts nichts als schier unerträgliche Ungewissheit. Wir wünschen ihnen allen viel Kraft und trotzdem Zuversicht!

Die Vulkanausbrüche der letzten Zeit geben in aller Welt zu reden und die Berichterstattung ist oft nicht sehr genau. So möchte ich hier gerne festhalten, dass es jedesmal lokale begrenzte Ereignisse in einem kleinen Gebiet waren, welche den Flugverkehr nie beeinträchtigten. Die Behörden haben wieder eindrücklich gezeigt wie erfahren sie sind und notwendige Sicherheitsmassnahmen schnell und effizient durchsetzen.

Update vom 16.01.2024

In der Nacht vom 15. auf den 16. Januar hat auch die vulkanische Aktivität in der nördlicheren, längeren Spalte aufgehört. Bereits am 15. Januar wurde wieder am Schutzwall für Grindavik weitergebaut. Die Baumaschinen und Lastwagen wurden am Tag des Ausbruchbeginns in einer schnellen und spektakulären Aktion von der fliessenden Lava in Sicherheit gebracht. Die Lava überfloss am 14. Januar die Strasse 43 nach Grindavik. Wie gross die Schäden an Strassen und der parallel verlaufenden Heisswasserleitung vom Kraftwerk Svartsengi nach Grindavik sind, ist uns nicht bekannt. Die Bevölkerung Grindaviks ist aufgefordert, den Behörden Schlüssel von Häusern und Wohnungen zu übergeben, damit das Ausmass der Schäden aufgenommen werden kann. Vulkanologen und Wissenschaftler weisen erneut darauf hin, dass sich diese Ausbrüche über eine lange Zeit wiederholen können. Wieder wird ein Vergleich zu den Krafla-Feuern am Myvatn gezogen, wie im Beitrag zum Ausbruch vom 18. Dezember erwähnt wurde. Es kam dort von 1974 bis 1985 immer wieder zu neuen Ausbrüchen. Die Zukunft für Grindavik und deren Bewohner sieht nicht rosig aus. Die Emotionen und Frustration ist verständlicherweise gross. Es ist zu hoffen, Behörden und Staat finden für die Betroffenen schnell und unkompliziert gute Lösungen.

Herzlichen Dank an Matthias Vogt von Volcano Heli für das tolle Bild vom Ausbruchstag – eindrücklicher geht nicht!

Beitrag von SRF-News mit Video und Bildern

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2 Kommentare

  1. Danke für die ausführliche und informativ/genaue Information!!

    • Sehr gerne liebe Ursula. Es freut mich sehr, wenn meine Berichte auf Interesse stossen. Auch versuche ich etwas genauer zu beschreiben, was Sache ist, da unsere Medien vielfach kein genaues, sondern eher ein sensationsfokussiertes Bild präsentieren, welches sich zeitlich und räumlich schlecht einordnen lässt. Liebe Grüsse Marianne

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