Am Schluss des Beitrags gibts schon nach kürzester Zeit ein Update!
Die Eruption auf der Halbinsel Reykjanes gab und gibt weiterhin viel zu reden und Rätsel auf. Mittlerweile dauert der Ausbruch mehr als drei Monate und zieht nach wie vor viele Leute an. Was geschieht genau, wie geht es weiter – niemand findet darauf definitive Antworten, auch die Wissenschaftler, die Vulkanologen nicht!
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nach dem letzten Besuch des Lavafeldes am gestrigen Tag nochmals hinzugehen, aber die Webcams, welche weltweit von vielen Beobachtern verfolgt werden, zeigten den ganzen Tag neblige Bilder. So entschied ich mich, wieder einmal einen Bericht zum Geschehen und Erlebten zu verfassen, heute wird er nun fertig und online gestellt..
Vor drei Tagen, am 28. Juni um 20 Uhr stoppte der zur Zeit einzige aktive Krater plötzlich mit dem Ausstoss von Lava und auch die messbaren Tremore hörten auf. Sofort folgten in den Medien Fragen und Kommentare, welche vermuten liessen, der Ausbruch sei zu Ende. Nachts um 2 Uhr aber floss wiederum Lava und in den sozialen Medien wurde aufgeatmet. Heute machte der Vulkan auch wieder etwas Pause, aktuell zeigen die Webcams wieder glühende Lava.
Der wohl bekannteste isländische Vulkanologe Thorvaldur Thordarson hat bereits diverse Artikel zum Vulkangeschehen am Fagradalsfjall veröffentlicht. Zum zwischenzeitlichen Ausbleiben des Lavaflusses vermutet er, die teilweise eingestürzte Wand des Kraters könnte den Durchgang zeitweise verstopfen. Vermutlich wird aber dieses Gestein wieder aufgeschmolzen und der Weg damit freigelegt und neue Lava ergiesst sich sichtbar ins Gebiet. Gemäss Thorvaldur kann es auch sein, dass sich grössere Lavamengen unterirdisch einen Weg bahnen und sich das Lavafeld stetig vergrössert. Er vermutet einen grossen unterirdischen Lavafluss. Es ist der gleiche Vulkanologe, der bereits schrieb, dass bei diesem Ausbruch bereits ganz verschiedene Arten von basaltischen Laven entdeckt worden sind. Neben der dünnflüssigen, heissen und schnellfliessenden Pahoehoe-Lava, findet man im Ausbruchsgebiet auch A-a-Lava. Beide Begriffe stammen aus Hawaii, die Pahoehoe-Lava wird auch Strick-, Fladen oder Schollenlava genannt – man schaue sich nur um im Lavafeld von Natthagi. Die A-a-Lava ist zähflüssiger und erstarrt in scharfkantigen, unregelmässig geformten, zackigen Brocken, weshalb sie auch Brockenlava heisst. Gesammelte Gesteinsbeispiele zeigen die Vielfalt. Was für ein unglaublich spannendes und gut zugängliches Gebiet sich hier der Wissenschaft eröffnet hat. Immer noch unbeantwortet ist die Frage, ob hier gerade ein neuer Schildvulkan nach dem Muster von Trölladyngia oder Skjaldbreid entsteht. Dies ist absolut möglich, wenn noch über eine lange Zeit, Monate, Jahre oder Jahrzehnte viel Lava ausfliesst. Es kann genauso gut sein, dass die Eruption noch eine Weile andauert oder aber schon in Kürze aufhört, dass dies mit Erdbeben wie zu Beginn geschehen könnte, ist nicht ausgeschlossen. Tatsache ist, es gibt verschiedene Szenarien, niemand weiss, was geschehen wird.
Bereits hat die Eruption verschiedene Phasen durchlaufen. Sie startete mit einem Krater mit kontinuierlichem Lavafluss und ging über zu mehreren Kratern, welche gleichzeitig Lava förderten. Später war es wiederum nur ein pulsierender Krater, aus welchem im Abstand von wenigen Minuten teilweise sehr hohe, glühende Lavafontänen in die Höhe schossen, welche auch aus Reykavik zu sehen waren. Wie staunte ich auf dem Heliflug vom 19. Juni, wie sehr der Krater gewachsen ist. Mittlerweile scheinen die Kraterwände wie auch die Fontänen weniger hoch zu sein, von Zeit zu Zeit ergiessen sich ergiebige Lavamassen ins umgebende Lavafeld. Und wie bereits erwähnt, scheint sich der Vulkan nun zeitweise etwas auszuruhen, um wieder zu aktiveren Stunden überzugehen.
Das von Lava bedeckte Gebiet ist stark angewachsen, was bei einer Ausstossmenge von 8 bis 13 Kubikmetern pro Sekunde während drei Monaten nicht weiter verwundert. Mein Sitzplatz am Rande des jungen Lavafeldes vom ersten Besuch ist wie das ganze Geldingadalur mit Lava bedeckt, der angelegte Wanderweg A wurde von Lava unterbrochen. Neuste Messungen lassen auf eine Fläche von 3,82 Quadratkilometern schliessen, welche bereits bedeckt wurde, die Lava ist bis zu 12 Meter dick. Bereits im Mai wurden in aller Eile Dämme erreichtet, um im Meradalir den Lavafluss zu begrenzen, das Unterfangen war aber vergeblich, der glühende Strom liess sich nicht aufhalten. Später begann sich ein weiterer Lavastrom Richtung Süden nach Natthagi zu ergiessen und es ist eine Frage der Zeit, wie lange die Lava braucht, um die südliche Strasse auf der Halbinsel Reykjanes, den Sudurstrandarvegur zu erreichen und zu überfliessen. Am Ende von Natthagi wird aktuell wieder ein Erdwall aufgeschüttet, im Wissen, dass es wohl nicht viel nützen wird, aber man möchte etwas Zeit gewinnen. Die wenigen Gebäude von Isolfskali können voraussichtlich nicht gerettet werden. Der Fokus gilt nun der Stadt Grindavik, dem Geothermischen Kraftwerk Svartstengi und der Blauen Lagune, welche nach Möglichkeit geschützt werden sollen. Wird es gelingen oder nicht, oder stoppt der Ausbruch doch noch rechtzeitig? Auch diese Frage kann zur Zeit niemand beantworten.
Der Ausbruch hat seit dem März kein bisschen an Attraktivität verloren, im Gegenteil! Vielleicht sind es etwas weniger die Isländer, welche zur Ausbruchsstelle wandern, mehr und mehr Touristen reisen dank der Impfungen ins Land, die meisten wollen zum Vulkan, sei es individuell, geführt oder mit einem Helikopterflug. Der grösste Teil der Besuchenden stammt zur Zeit aus Amerika, immer mehr Nationen gesellen sich dazu. Es ist grossartig, welches Angebot von isländischer Seite seit frühester Stunde zum Besuch des Vulkans zur Verfügung gestellt wurde und nun immer wieder den neusten Gegebenheiten angepasst wird. Aktuell gibt es zwei offizielle Wanderweg, Weg B ist ziemlich lang und auch nicht ganz einfach. Von diesem scheint es gemäss Webcams nun wieder Sicht auf den Krater zu geben. Weg C führt nicht zum aktiven Krater, ist aber einfach und man kommt unmittelbar zur Lava im Tal Natthagi. Wer dort sucht, findet in der Lava immer noch glühende Stellen, es kann auch sein, dass die unterirdisch Lava wieder mehr sichtbar wird. Zwischen dem 19. und 28. Juni hat sich die Lava nicht mehr Richtung Süden fortbewegt, nun könnte das aber wieder der Fall sein, wie man liest. Von Weg C wird aktuell der teilweise steile Weg auf und über den Grat von Langihryggur trotz losem Gestein häufig gewählt, um einen Blick auf die brodelnde Lava zu erhaschen. Überall sind auch Webcams, welche Auskunft über Aktivität und Wetter vermitteln. Die besten Informationen findet man auf der Webseite von safetravel.is mit guten Wetterprognosen, einer Karte mit Wanderwegen und Parkplätzen, Webcams und weiteren Informationen. Einen Dienst den man unbedingt beachten sollte! Diverse Veranstalter bieten täglich geführte Touren ab Reykjavik an, es sei denn das Wetter erlaubt es nicht. Auch Best Travel bietet auf Anfrage privat geführte Touren an.
Das Ausbruchsgebiet befindet sich auf Privatland und die Besitzer machen sich seit Ausbruchsbeginn Gedanken, wie sie den besten Nutzen daraus ziehen. Gebührenpflichtige Parkplätze wurden innert kurzer Zeit angelegt. Aber lohnt es sich weitere Infrastruktur wie Toiletten zu errichten, wenn man nicht weiss, ob der Ausbruch in Kürze zu Ende geht oder die Strassen von Lava blockiert werden. Guten und natürlich unerwarteten Profit machten und machen die Helikopterfirmen, welche bei gutem Wetter tagein, tagaus zum Vulkan fliegen. Bei ihnen gibt es lange Wartelisten. Falls sie in Sichtweite des Kraters landen wollen, werden sie in Kürze von den Landbesitzern zur Kasse gebeten. Volcano Heli mit Matthias Vogt können wir definitiv empfehlen!
Wir sind gespannt, wie es mit dem Vulkan weitergeht, auf jeden Fall kamen schon einige unserer Reisegäste in den Genuss des Naturspektakels, ein Erlebnis, welches sich vielleicht nicht so schnell wiederholt. Ich möchte keinen meiner Besuche missen und wer weiss, ob ich nach der morgen startenden Tour wieder Richtung Grindavik aufbreche. Für Infos oder Buchung von Privattouren stehe ich gerne zur Verfügung.
Update 02.07.2021
Erst gerade wurde der Bericht fertiggestellt und schon braucht es ein Update! Am 01. Juli um 22.45 Uhr ging dieser online, kurz vor 23 Uhr schaute ich die Webcams des Ausbruchs in Geldingadalur von mbl.is, visir.is und ruv.is nochmals an und sah grosse Lavamassen glühen und fliessen, wo vorher Ruhe herrscht. Ich ging sofort auf den Balkon und tatsächlich, der rote Schein war auch in der hellen Nacht deutlich zu sehen. Um ungefähr 23 Uhr machte ich Fotos. Wegen der in Kürze startenden Tour verzichtete ich darauf hinzufahren und hochzuwandern, Schlaf ist nötig.
Vermutlich ist der Ausbruch bereits wieder in einer neuen Phase angelangt! Es gab die letzten Tage längere Ruhepausen, in beiden vergangenen Nächten zeigten sich aber immer wieder neue, imposante Lavaausflüsse. Es wird sich noch zeigen, ob sich tatsächlich ein neuer Krater gleich neben dem Hauptkrater gebildet hat oder ob dieser nur zweigeteilt ist. Heute Morgen, am 02. Juli ist es in Keflavik etwas neblig und die Sicht ist verdeckt, aber die Sonne drückt bereits. Gemäss Webcams herrscht wieder Ausbruchsruhe. Wer weiss, was unsere heute ankommenden Reisegäste bezüglich Vulkan erwartet? Es bleibt weiterhin sehr spannend…