Nach dem grossen Erdbeben im November 2023 und drei Vulkanausbrüchen nahe Grindavik zwischen Dezember 2023 und Februar 2024 stellt sich die Frage, wie es aktuell im Ort und bei der Blauen Lagune aussieht und wie sich die nähere Zukunft präsentiert. Es gibt Positives, aber auch Fragwürdiges! Ein weiterer Ausbruch könnte gemäss neusten Berichten in Kürze anstehen…
Einmal mehr wurde schnell gehandelt. Die im letzten Beitrag erwähnte kaputte Heisswasserleitung nach Njardvik und Keflavik konnte schneller repariert werden, als eine Weile befürchtet wurde. Nach wenigen Tagen floss durch die Leitung, welche notfallmässig über die noch warme oder heisse Lava verlegt wurde, wieder heisses Wasser, Wohnungen und Häuser konnten wie gewohnt beheizt und die kleinen, elektrischen Heizkörper vom Netz genommen werden. Man ist noch daran die Leitung mit Erdmaterial zuzudecken, um diese gegebenenfalls vor einem neuen Lavafluss zu schützen.
Auch die Blaue Lagune sowie die umliegenden Hotels wurden wieder geöffnet. Für ungefähr eine Woche konnte das berühmte Bad nur über einen grossen Umweg via Hafnir erreicht werden. Am 22. Februar wurde eine Naturstrasse als Zufahrt geöffnet, welche über den Grindavikurvegur (Grindavikstrasse 43) und Nordurljosvegur (Nordlichtstrasse 426) erreicht werden kann. Diese Strasse wird vermutlich später asphaltiert. Man versucht alles um die gewinnbringenden Betriebe möglichst geöffnet zu haben, auch wenn ständig ein Risiko für einen weiteren Ausbruch besteht. Die Blue Lagoon Webseite versucht Normalität zu vermitteln, hat aber doch einige Unterseiten angelegt, wie Anfahrtsbeschreibung, Evakuationsplan etc. Sieht man sich die Evakuationskarte an, stellt man schnell fest, dass es nicht gerade viele Fluchtmöglichkeiten gibt, sollte ein Ausbruch genau dort stattfinden. Ursprünglich war es nur Personen mit gültigen Eintrittscodes erlaubt zur Blauen Lagune zu fahren, aber glaubt man den sozialen Medien, halten sich mehr und mehr Leute bei der neuen Lava auf. Hoffentlich erwarten diese nicht, im Falle eines neuen Ausbruchs sofort gerettet zu werden.
Entscheidungen wurden auch für die evakuierte Bevölkerung Grindaviks getroffen. So bietet die isländische Regierung den Hauseigentümern im Ort an, ihre Häuser zu 95% des Feuerversicherungswerts abzüglich der Hypotheken abzukaufen. Dazu hat man vor, eine Immobilienfirma zu gründen, welche vom Staat finanziert und Kredite von Banken erhalten soll. Hausbesitzende von Grindavik können sich bis zum 1. Juli für eine Immobilienübernahme anmelden, haben also etwas Zeit, um sich dies zu überlegen und auch nach neuen Lösungen zu suchen. Zahlreiche Häuser gelten als irreparabel nach den Erdbebenschäden oder nach dem Ausbruch vom 14. Januar, dort kommt die Versicherung für Naturkatastrophen zum Einsatz. Wer aber auf Wohnungs- oder Haussuche ist, merkt bald, die Lage auf dem Liegenschaftsmarkt ist angespannt, nicht nur, aber teilweise weil (zu) viele Wohneinheiten im Hauptstadtgebiet für kurzfristige Vermietungen an Reisende via airbnb angeboten werden. Ob da der Staat nicht ein Machtwort sprechen sollte, damit wieder mehr Wohnraum für die eigene Bevölkerung zur Verfügung stehen würde?
Am 19. Februar erhielten die Einwohner Grindaviks die Erlaubnis in ihre Häuser zurückzukehren und dort zu übernachten. Auch in örtlichen Betrieben darf wieder gearbeitet werden. Alles ist jedoch auf eigene Gefahr, das Risiko ist nicht gering. Die Infrastruktur weist nach wie vor Schäden auf, sowohl Heiss- als auch Kaltwasserleitungen funktionieren nicht überall perfekt, die neuen Erdspalten im Ort werden erst kartiert und lauern teilweise unbemerkt unter Wiesen und Feldern! Ob Bewohner in ihre Häuser wollen, können sie nun selbst entscheiden, Arbeitsangestellte aber werden sich wohl dem Entscheid der Firmenleitung fügen müssen. Dies wurde vom Gewerkschaftsführer kritisiert. Nicht wenige dürften Angst haben in Grindavik zu arbeiten. In Grindavik kann man sich nicht gefahrenfrei aufhalten und es ist zur Zeit definitiv kein geeigneter Ort für Kinder. Nach Grindavik kann nur gelangen, wer dazu berichtigt und registriert ist. Touristen haben keinen Zutritt.
Am 23. Februar berichtete Visir, dass ein nächster Vulkanausbruch bevorstehende könnte. Die gesammelte Menge an Magma unter dem Gebiet von Svartsengi ist schon wieder fast gleich gross wie vor dem letzten Ausbruch (ca. 6 Mio. Kubikmeter). Wenn das Tempo des Magmazuflusses anhält, dürften es anfangs letzte Februarwoche acht Millionen Kubikmeter werden. Die Erfahrung zeigt, dass ein Ausbruch bei 8 bis 13 Mio. Kubikmeter starten kann. Bei den letzten Eruptionen musste man feststellen, das die Ankündigungszeit durch Erdbeben immer kürzer wurde, mit zuletzt dreissig Minuten bleibt nicht viel Zeit für Evakuationen. Die Wissenschaftler vermuten einen neuen Ausbruch an ähnlicher Stelle im Bereich Hagafell, Sylingafell oder innerhalb des Schutzdamms nahe oder in Grindavik. Vielleicht hat der Vulkan aber etwas anderes vor?
Vor wenigen Tagen unterzeichneten Saerun und Heidar mit mir einen offiziellen Vertrag, um weiterhin in meinem Ferienhaus in Vatnsleysuströnd zu wohnen. Die Frage, ob sie nun auch nach Grindavik zurückzukehren gedenken, da dies wieder erlaubt ist, verneint Saerun vehement. Der Schock der hörbar grollenden Erde am 12. Januar sitzt immer noch tief. Sie kann sich vorstellen ab und zu tagsüber in Grindavik vorbeizuschauen, auf keinen Fall will sie dort übernachten. Sie machen sich nun Gedanken wie es für sie weitergehen soll und suchen intensiv nach einer Wohnmöglichkeit mit der Hoffnung vielleicht in einigen Jahren nach Grindavik zurückzukehren. Bis sie etwas Passendes gefunden haben, dürfen sie auf alle Fälle im Ferienhaus bleiben.
Wie zu Beginn des Beitrags erwähnt, gibt es also durchaus Positives in Sachen Grindavik, Schwierigkeiten, Schicksale und Gefahren bleiben aber ebenfalls. Hoffen wir es kommt bei einem allfälligen neuen Ausbruch zu keinen weiteren Zerstörungen und werden keine Menschen verletzt – es wäre in einigen Belangen sicher besser nicht mit dem Feuer zu spielen, im wahrsten Sinne des Wortes…
25. Februar 2024 um 20:18
Danke, dass Du uns auch bezüglich Ergehen für die Einheimischen und Ortsbewohner orientierst,. Ich bin froh um das Positive und bange mit den Leuten , sollte es weitere Eruptionen geben.
Danke, dass Du Dein Domizil weiterhin zur Verfügung stellst, so können die beiden in Ruhe überlegen.
26. Februar 2024 um 9:05
Ja liebe Elisabeth, es geht genau wie du schreibst und zum guten Glück sind die Isländer wirklich schnell mit Reagieren. Es ist wirklich zu hoffen, dass es bei möglichen weiteren Ausbrüchen keine oder wenige Schäden an Mensch und Infrastruktur gibt. Natürlich wäre ich gerne auch in meinem Ferienhaus gewesen, aber ich kann warten, meine Gäste aber brauchen Wohnraum, in dem sie auch ruhig schlafen können.
25. Februar 2024 um 20:13
Danke Marianne für diesen eindrücklichen Bericht. Im Gegensatz zu den betroffenen Personen haben wir oder machen wir uns nur Problemchen.
Habe kürzlich im Museum in Wellington ein künstliches Erdbeben in einem Haus erleben können. Hier in Neuseeland reiben sich auch die Platten und es gibt aktive Vulkane.
26. Februar 2024 um 9:20
Liebe Vroni, wunderbar dass du meinen Bericht auch von weit weg gelesen hast. Ja, Neuseeland ist bezüglich Lage an Kontinentalplattengrenzen, Vulkanismus, Erdbeben ähnlich wie Island. Hätte man doch nur Alfred Wegener früher die Theorie der Kontinentaldrift geglaubt und weniger an Plattenrändern gebaut… In meinem Kopf braut sich schon ein Beitrag zu diesem Forscher zusammen, den man nicht erhört hatte. Und in der Zwischenzeit schreiben unsere Medien weiterhin Überschriften, wie kürzlich der Tagesanzeiger: „Gefahr für Island – Alle 800 Jahre wachen die Vulkane nahe Reykjavik auf“. Den Link schickte mir Maja und ich fragte mich, wie oft mal 800 Jahre man schon gewartet hat? Für die Leute aus Grindavik stellen sich nun aber existentielle Fragen und es geht darum, wo sie unterkommen können, während auf der neu angelegten Strasse zu Blue Lagoon Touristen bereits wieder auf der noch warmen Lava rumtrampeln. Die sozialen Medien senden dazu fast Einladungen, während man Personal anders benötigt, als Leute zu kontrollieren und Gebiete zu überwachen – Mensch, Mensch, Mensch…