Dankbar schaue ich zurück auf ein wunderbares, zweieinhalbwöchiges Wintererlebnis in Island im Februar. Obwohl unterwegs in einem vertrauten Land, war es wegen der ganzen Corona-Situation eine Reise ins Ungewisse! Zielideen, -wünsche gab es natürlich, ob sich diese im Winter verwirklichen lassen, war sehr abhängig von den Schnee- und Wetterverhältnissen. Während der Reise fügte sich alles wundersam zusammen und aus der Tour wurde zu eine einzigartige entlang einem Ring um die Westfjorde und direkt anschliessend um den bekannten Ring um Island.
Normalerweise bestimmt ein Programm mehr oder weniger den Tages- und Tourverlauf einer Reiseleiterin. Diesmal waren es Lust und Laune und wie schon erwähnt, die äusseren Bedingungen, welche den Takt angaben. Die schwierigste Hürde war definitiv die Anreise nach Island, welche in einem früheren Beitrag ausführlich beschrieben wurde. Die Unsicherheit war mit ein Grund, dass keine konkreten Routenpläne vorlagen. Erleichtert darüber, sofort frei reisen zu dürfen, wurde schon kurz nach Ankunft der Wetterbericht überprüft. Die Westfjorde boten sich als erstes Ziel an, wenig Wind, nicht zu kalte Temperaturen, kein bis wenig Schnee und offene Strassen waren ideal, nicht oft bietet sich das im Winter an. So war auch schneller als geplant der Camper gepackt und in der nahegelegenen Garage in Keflavik wurden zur Sicherheit und besseren Wintertauglichkeit die Spikes-Räder des Best Travel Landcruisers montiert. Es konnte also bald Richtung Nordwesten losgehen. Erstaunlich wenig Verkehr hatte es auf der Strasse nach Reykjavik und auf der Ringstrasse nach Borgarnes, nach dem Abzweig Richtung Budardalur waren kaum mehr Fahrzeuge zu sehen, Fotostopps am Strassenrand waren bedenkenlos möglich. Dies war fast auf der ganzen Reise möglich, was ich sehr genoss und häufig nutzte.
Schon auf dem Damm über den Gilsfjördur zeigten sich die ersten Robben, viele weitere würden sich unterwegs zeigen und auch fotografieren lassen. Die Halbinsel Reykholar war sozusagen das Tor zu den Westfjorden. Diesen Landesteil bereiste ich erstmals im Winter. Reisende gab es dort kaum, viele Strassen und Pisten waren problemlos befahrbar, wenige waren eisig, in höheren Lagen, ab ungefähr 300 Metern über Meer lag aber doch Schnee. Auffällig und schön zeigten dich die typischen Gebirgszüge, deren Schichtstrukturen im Winter mit etwas Schnee bestens zur Geltung kamen, teilweise spiegelten sie sich zauberhaft im windstillen Wasser der Fjorde. Die zahlreichen warmen Pools sind genau so angenehm wie im Sommer und auch die verlassenen, fotogenen Gebäude zogen meine Aufmerksamkeit immer wieder auf sich. Reykholar, Patreksfjördur und Heydalur waren die Übernachtungsorte unterwegs, dazwischen lag der fantastische Höhepunkt mit dem Dynjandi Wasserfall im Winterkleid! Die Westfjorde im Winter lassen sich dank eines, im letzten Sommer neu eröffneten Tunnels auch als Ring bereisen. Eine solche Tour ist absolut lohnenswert, die äusseren Bedingungen müssen jedoch stimmen!
Windig und im Schneegestöber ging über den Pass Steingrimsfjardarheidi nach Nordwesten auf zur Halbinsel Vatnsnes. Niemand sonst war beim Drachenfelsen Hvitserkur, dem sehr beliebten Fotomotiv, und er zeigte sich wunderbar sowohl am Nachmittag als auch in der Nacht mit Nordlichtern. Noch ist der Felsen mehrheitlich schwarz und nicht „hvit“ (weiss), aber die ersten Eissturmvögel sind da und es dürfte sich farblich bald wenden. Grossartige Fotogelegenheiten ergaben sich, der Farmer und Grundstückbesitzer erteilte sogar ausnahmsweise die Campingerlaubnis auf dem Parkplatz.
Für die Weiterreise wurde wiederum der Strassen- und Wetterbericht konsultiert. Ja, es sah gut aus für den Nordosten und ich kontaktierte Bryndis in Stadarholl. Die Antwort kam schnell, eine gemütliche, warme Hütte stand bereit! Aber was war das für ein Verkehr auf der Ringstrasse nach und von Akureyri? So viele Autos hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Grund dafür waren einige Tage Winterferien in Reykjavik, viele fuhren nach Norden, denn hier gab es genügend Schnee zum Skifahren. Gleich nach dem Eyjafjördur zeigte sich die Landschaft winterlich weiss und es wurde wieder einsam. An den den folgenden Tagen schneite es immer wieder, zwischendurch zeigte sich aber auch die Sonne. Am Götterwasserfall Godafoss verbrachte ich mit den Kameras einige Stunden, normalerweise ist die Zeit dort vom Reiseprogramm limitiert. Endlich konnte ich auch das Geosea-Bad in Husavik testen, die Fahrt ins abgelegene Tal Laxardalur zur Torfhausfarm Thvera war für mich Neuland und ich freue mich schon jetzt darauf, diesen Abstecher einmal im Sommer zu machen.
Ein fast unbeschreibliches und traumartiges Erlebnis war die Fahrt auf der gut befahrbaren Ringstrasse zum Myvatn und nach Ostisland. Über weite Strecken waren keine anderen Fahrzeuge zu sehen, immer wieder lockte die mystische, schwarzweisse Lava-Schnee-Landschaft zum Fotografieren. Noch wenige Tage vorher war die Strasse hier teilweise ganz oder nachts geschlossen, da sich bei der Brücke über den Gletscherfluss Jökulsa a Fjöllum viel Eis aufgestaut hatte und die Strasse zu überfluten drohte. Nun war die Brücke offen, die Eisplatten stapelten sich immer noch eindrücklich. Beide Zufahrtsstrassen zum Wasserfall Dettifoss waren offiziell geschlossen, es reizte zwar, aber wäre zu doch zu riskant gewesen.
Auf der Talfahrt Richtung Ostisland nahm die Schneemenge immer mehr ab. In Egilsstadir war es noch mehrheitlich weiss, an den Fjordküsten aber lag kaum mehr Schnee. Ostisland bereiste ich auch zum ersten Mal im Winter. Die Reise führte zuerst nach Eskifjördur und weit hinaus im Reydarfjördur, später durch die Ostfjorde Richtung Süden. Auffällig waren die vielen und grossen Wassermassen, welche sich über die Basaltstufen der Berghänge Richtung Meer stürzten, die Schneeschmelze liess sie anschwellen. Auf früheren Reisen hatte ich ab und zu Rentiere im Osten oder Südosten entdeckt, aber so viele wie auf dieser Reise sah ich vorher nie. Meistens waren es kleinere oder grössere Herden, selten Einzeltiere, die es offensichtlich genossen, dass sie in der schneefreien Natur genug Nahrung fanden. Fotografierte man aus dem Fahrzeug von der Strasse, liessen sie sich nicht stören, stieg man hingegen aus, rannten sie schnell davon. Im wunderschönen Studio von Krakhamar waren die Rentiere gleich Nachbarn und es blieb noch mehr Zeit für sie, da sich die Weiterreise hier verzögerte. Unangekündigt war ein Sturm aufgezogen und aus dem Südosten wurde fliegender Sand gemeldet, ein zu grosses Risiko für das Fahrzeug. Gerne hätte ich auch einige Zeit in Stokksnes bei den Dünen mit Blick über die Lagune zum Vestrahorn verbracht. Wind und Sandsturm machten dies nicht möglich, der Blick auf das fliegende Meerwasser aus dem Studioapartement im Alftafjördur und die Rentiere waren würdige Alternativen.
Nun war auch klar, dass eine intensive, lange Rückfahrt durch den ganzen Süden bevor stand. Ein Tag, an welchem mit etwas Disziplin fotografiert werden musste. Diesen Landesteil hatte ich auch schon mehrmals im Winter bereist, aber ein Stopp bei der Gletscherlagune musste unbedingt sein. Wo aber waren all die Eisberge in der Lagune, sie schien ziemlich leer bei Ankunft. Einige Eisblöcke sah man weit weg, sie waren vom starken Wind in die hinterste östliche Ecke getrieben worden, nur wenig Eis war bei der Brücke zu sehen. Auch die Situation am Diamantenstrand war speziell! Grosse, zumeist blaue Eisstücke lagen weit Richtung Osten am schwarzen Strand. Und hier gab es auch etwas mehr Touristen, gefühlte fünfzehn bis zwanzig, was man in Normalzeiten als wenig bezeichnen würde. Sie fotografierten die Eisformationen ebenfalls, beim genaueren Hinhören entpuppten sie sich als Isländer auf einem Wochenendausflug! Die Sonne zauberte wunderbares Licht auf die schönen Eisstücke, der starke Wind und die vorschreitende Zeit verhinderten mehr Fotos, viele wurden es auch so. Hellblau und deutlich hoben sich die schneefreien Glescherzungen des Vatnajökulls entlang des Skeidararsandurs von der restlichen Landschaft ab. Ab hier herrschte nun deutliches Südwestwindwetter, fast im Minutentakt wechselten bedrohliche, dunkle Wolkenstimmungen mit Graupel, Regen und Sonnenschein. Hier und dort sah man verwehte Wasserfälle, manche flogen sogar aufwärts. Der perfekte Moment präsentierte sich bei Lomagnupur und der früheren Poststation Nupar, ein weiterer Stopp bei wunderschönem Licht musste sein, genauso wie in der Feuerlava Eldhraun, deren Moosschicht tiefgrün leuchtete. Die letzten Bilder entstanden bei stürmischem Wind und diffusem Licht von den bekannten Felsformationen Reynisdrangar und den Westmännerinseln. Danach schloss sich auch der zweite, der übliche Ring rund um Island nach insgesamt fast 3000 Kilometern!
Gespannt war ich, ob ich etwas von den Erdbeben auf der Halbinsel Reykjanes spüren würde – wie berichtet war dem auch so! Noch war einiges in Reykjavik zu erledigen und ich fand auch Zeit mir die Ausstellung des für seine Schwarzweissfotos bekannten Fotografen Ragnar Axelsson (RAX) im Hafnarhusid. Davon inspiriert entsteht auch bereits die Idee einer Schwarzweissfoto-Winterreise.
Aktuell warten viele Bilder von fantastischen Tagen und einigen leuchtenden Nächten auf Sortierung und Bearbeitung. Nach und nach werden auf dieser Webseite weitere bebilderte Detailbeiträge dieser Reise erscheinen und diverse neue Erkenntnisse können hoffentlich schon bald in künftige Reiseprogramme einfliessen. Es war grossartig eine Corona-Auszeit in Island unternehmen zu dürfen und festzustellen, dass der 4×4 Camper auch im Winter bestens taugt. Aber vor allem möchte ich mich herzlich bedanken für die vielen wunderbaren Begegnungen rund um Island und die Gastfreundschaft hier und dort. Antworten auf allfällige Fragen und Informationen zur Reise erteile ich gerne unter info@bestoficeland.ch.
21. März 2021 um 8:36
wunderbar und die fotis, super!
danke tuusig