Geothermie in Island mit Blick in die Zukunft

Svartstengi, mit Helm und Leuchtweste vor einer Turbine. 13.06.2016

Mit Helm und Leuchtweste vor einer Turbine im Geothermischen Kraftwerk Svartstengi. 13.06.2016

Anlässlich einer Geothermie-Spezialreise durfte ich mehr über geothermische Kraftwerke erfahren und einzelne Kraftwerke auch von innen anschauen. Island nutzt das Potential an heissem Wasser im Boden seit vielen Jahren für Strom und Warmwasser. Aber mittlerweile ist man in Island fähig selbst das ausgestossene CO2 weiter zu nutzen oder wieder dem Boden zuzuführen. Auch für den Schwefelwasserstoff hat man Pläne. Das Kraftwerk Svartstengi auf der Halbinsel Reykjanes ist bereits seit 1978 in Betrieb und wurde laufend ausgebaut. Neben 77 Megawatt Strom liefert das Kraftwerk jetzt auch 80 MW warmes Wasser im Austauschverfahren. Es erstaunt sehr zu erfahren, wie wenig Zeit man einen Teil der Anlagen still legen muss für Wartungs- und Reinigungsarbeiten. Meistens läuft alles mit voller Leistung. Das Restwasser liess man schon zu Beginn direkt ins Lavafeld fliessen. Daraus entwickelte sich vom einfachen Lavabad im Laufe der Jahre die wohl grösste Touristenattraktion Islands, die Blaue Lagune, welche 2015 von mehr als 900 000 Personen besucht wurde. Aber nicht nur das überschüssige Wasser wird genutzt, aus Kohlendioxid wird gleich neben dem Kraftwerk Methanol gewonnen, welches als Treibstoff für Fahrzeuge genutzt werden kann. Weiter südwestlich auf Reykjanes wurde das nach dem Namen der Halbinsel benannte Kraftwerk 2006 in Betrieb genommen. Hier findet man zwei 50 Megawatt Turbinen. Das warme Wasser wird unter anderem von der norwegischen Firma Stolt Sea Farm für Fischzucht genutzt. In Island wird ein Fisch gezüchtet, der eigentlich aus Senegal stammt, die Seezunge (Sole). Im Turbinengebäude befindet sich eine sehenswerte Ausstellung über die Erde und das Sonnensystem. Beim Reykjanes-Kraftwerk hat man in neuster Zeit mit Tiefenbohrungen begonnen (deep drilling project) und man erhofft sich, so viel Strom gewinnen zu können, dass der Export von Elektrizität mittels eines Seekabels nach Schottland in Zukunft möglich sein wird. In Reykjanes stehen die Chancen besser, da es in 5000 Metern Tiefe nicht so heiss ist wie in Nordisland bei Krafla, wo die Geräte in der Tiefe schmolzen. Die Isländer lernen aus  Versuchen und den Fehlern und entwickeln ihr Wissen ständig weiter. Davon profitieren möchten auch andere Länder, die sich erhoffen, dereinst Strom aus Island importieren zu können. In der Schweiz ist unter anderem Oliver Stankiewitz daran, mit der Firma Nordur Power Grid Association ein Netzwerk in den Efta-Ländern mit seiner Firma aufzubauen. Weitere Kraftwerke im Südwesten findet man in Nesjavellir und Hellisheidi. Nesjavellir ist seit 1990 in Betrieb und produziert aktuell 120 MW Strom und mit ungefähr 1800 Litern Heisswasser pro Sekunde weitere 300 Megawatt. Das Wasser wird von 177 bis auf einen 400 Meter über Meer liegenden Pass gepumpt und es fliesst dann durch eine 27 km lange Pipeline nach Reykjavik. Dazu braucht das heisse Wasser sieben Stunden und kühlt gerade mal 1,8°C ab. Hellisheidarvirkjun, das grösste Geothermische Kraftwerk Islands und der Welt liegt wie Nesjavellir am Hochtemperaturgebiet des Vulkans Hengill. Dieses Kraftwerk nahm 2006 seinen Betrieb auf und produziert im Moment 303 Megawatt Strom und 133 MW Heisswasser. Hier arbeitet man ebenfalls an Zukunftsvisionen und aktuell daran einen Teil zu realisieren. Was an Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff ausgestossen wird, soll wieder in die Erde in die Erde zurück. Man arbeitet daran Karbon in den Basalt zu befördern und zu Stein werden zu lassen. Der Schwefelwasserstoff soll als neues Produkt Sulfix im Boden gelagert werden. Es ist ein Ziel hundertprozentig grüne Energie herzustellen. Diese Projekte wurden vom Technischen Leiter der ON Power Energiefirma Bjarni Mar Juliusson vorgestellt. Eine Zukunftsvision ist es gleich neben dem Hellisheidi-Kraftwerk einen Geopark zu errichten, wo Algenproduktion, Biotreibstoff-Herstellung, Riesentreibhäuser und Warmwasserkulturen Platz finden könnten. Insgesamt findet man in Island ein Riesenpotential an Geothermie mit viel Erfahrung und Wissen, das hoffentlich bald einmal den Weg hinaus in den Rest der Welt finden wird. Solche Spezialreisen sind für mich als Reiseleiterin unglaublich bereichernd, auch wenn ich nicht ganz alle technischen Angaben verstanden habe.

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