Von Sonnenstürmen, koronalen Massenauswürfen und Nordlichtern

Unglaubliches Nordlicht über Vogar mit mir als Betrachterin. 10.10.2024, 21.03 Uhr

Es scheint als würde 2024 in Sachen Nordlichter in die Geschichte eingehen. Bereits zwei heftige Sonnenstürme mit koronalen Massenauswürfen durfte ich in diesem Jahr miterleben. Nordlichter sind seit vielen Jahren nichts Neues für mich, aber nach wie vor faszinieren sie mich total und ich kann mich nicht satt sehen. Was ich in den Nächten vom 10./11. Mai in der Schweiz und 10./11. Oktober in Island erleben durfte, war absolut unglaublich und es scheint, die Sonne wird weitere solche Schauspiele liefern.

Wie aber kommt es, dass in diesem Jahr ausgesprochen häufig Nordlichter gesehen werden können und dies nicht nur in den nördlichen Gebieten? Seit 2019 nimmt die Sonnenaktivität zu und diese dürfte 2024/2025 den Höhepunkt eines ungefähr 11 Jahre dauernden Zyklus erreichen. Die Wissenschaft erkennt dies an der zunehmenden Zahl an Sonnenflecken, in deren Umgebung es zu Eruptionen kommt. Diese werden auch als Flares bezeichnet und je nach Grösse mit den Buchstaben B, C, M und X kategorisiert. Ab C wird meistens aus der Korona, dem äussersten Teil der Sonne, Masse ausgeworfen, welche als koronaler Massenauswurf bezeichnet wird , in Englisch verwendet man abgekürzt CME für „coronal mass ejection“. Es handelt sich um ein Plasma, welches geladene Teilchen, Protonen und Elektronen enthält, aber auch Kerne schwerer Elemente wie Helium, Sauerstoff und Eisen. Es wird vermutet, dass magnetische Neuverbindungen die Eruptionen auf der Sonne auslösen, welche dann als Sonnenstürme durchs Weltall rasen. Koronale Massenauswürfe gibt es ziemlich oft, aber nur selten sind diese genau Richtung Erde gerichtet und selbst wenn dem so ist, können sie das Magnetfeld der Erde verfehlen, schliesslich ist unser Planet nur ein Kügelchen im All. Die Teilchen des Sonnenwindes sind bis zur Erde ungefähr 150 Millionen Kilometer unterwegs, je nach Geschwindigkeit vergehen ein bis drei Tage bis diese gegebenenfalls ankommen. Der Satellit, welcher mit Instrumenten zur Messung des Sonnenwinds unterwegs ist, befindet sich nur 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, was die Zeit einer Vorhersage erheblich verkürzt, auf 30 bis 45 Minuten sein. So ist auch zu erklären, dass in Vorhersage-Apps die Werte teilweise ziemlich stark daneben liegen, viel zu wenig anzeigen oder deutlich zu viel. So schrieben die Medien im Oktober einige Tage zu früh über die Möglichkeit von Polarlichtern in der Schweiz. Die positiven Auswirkungen der Sonnenstürme sind die Möglichkeit Nordlichter zu sehen, negativ können sie sich aber auf Funkverbindungen und Navigationssysteme auswirken, Satelliten beschädigen, die Stromversorgung lahmlegen oder den Flugverkehr stören. Der wissenschaftliche Aspekt ist äusserst spannend, aber genauso komplex. Diverses ist noch ungeklärt und man arbeitet weltweit an verschiedenen Orten daran, weitere Details zu klären. 

Bei den Recherchen bin ich auf die Webseite von BR24, einem Nachrichtendienst des Bayrischen Rundfunks gestossen. Vieles zu Sonnenstürmen und koronalen Massenauswürfen wird verständlich erklärt und mit guten Videos veranschaulicht. Auch die anklickbaren eingefügten Links enthalten wertvolle Informationen.

In der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2024 war es soweit, die Nordlichtalarme erreichten mein Handy schon am Nachmittag fast pausenlos und der Kp-Wert stieg rasant an. Leider war der Himmel in vielen Teilen der Schweiz von vielen Wolken überzogen, teilweise regnete es. Wer hartnäckig auf eine Wolkenlücke wartete, konnte aber rosa oder roten Himmel fotografieren, hier und dort klarte es auf. Andernorts von Mittel- bis Südeuropa hatte man mehr Glück und viele Bilder fluteten die sozialen Medien (siehe auch dazu einen Beitrag von BR24). Eher dem Zufall verdanke ich meine Beobachtungen und Bilder der unvergesslichen Nacht vom 10./11. Mai zu Hause in der Schweiz. Ich war überhaupt nicht vorbereitet und las erst beim Eindunkeln in der Zeitung über die guten Chancen. Der Abend war sternenklar und die Fotoausrüstung hatte ich schnell bereit. Ich setzte mich ins Auto und fuhr von Schwarzenburg Richtung Guggisberg zu einem Platz bei Walenhus, den ich erfolglos zu einem früheren Zeitpunkt entdeckt hatte. Von dort hat man einen guten Blick Richtung Norden und es ist dunkel. Die Lichter von Bern sind weit weg und stören nicht. Schon während der Fahrt bemerkte ich den rosafarbigen Himmel, einmal ausgestiegen waren auch rot und grün von blossem Auge erkennbar. Nur von wenigen vorbeifahrenden Autos gestört, konnte ich viele Aufnahmen machen, selbst ein Panorama liess sich erstellen. 

Nordlicht-Panorama von Walenhus bei Guggisberg. 10.05.2024

Um Mitternacht steckte ich daheim die Speicherkarte in den Computer, welcher zu arbeiten begann, als ich vor dem Fenster über dem Nachbarhaus tanzende Polarlichter entdeckte.

Nordlicht über dem Nachbarhaus in Schwarzenburg. 11.05.2024

Die Speicherkarte war schnell wieder in der Kamera und ich entfernte mich zu Fuss ungefähr 300 Meter um aus den Lichtern des Dorfes zu kommen. Dort durfte ich der sich bewegenden Aurora Borealis beiwohnen, die sich pink, violett, rot und grün zeigte. Auch an diesem Ort war ich erstaunlicherweise ganz alleine. Wäre ich in Island gewesen, hätte ich dies nicht miterleben können, die Nächte sind im Mai bereits hell und es ist chancenlos.

Nordlichtpanorama am westlichen Dorfausgang von Schwarzenburg. 11.05.2024

In Island bot sich mir die ganz grosse Gelegenheit vom 10. zum 11. Oktober. Bereits hatte ich viele Nordlichtbilder während fünf von sieben Nächten der vergangenen Reise Herbstfarben und Nordlichter gemacht (Bericht folgt bald auf dieser Webseite). In kurzen Abständen erhielt ich nun Nordlichtalarme und der Kp-Wert wurde immer höher eingestuft. Ich erlebte die unglaublichste Show, seit ich Nordlichter beobachte. Kurz vor 20 Uhr trat ich aus der Tür meines Ferienhauses bei Vogar, welche nach Süden gerichtet ist. Am noch nicht ganz dunklen Himmel ragten schon pinkfarbene Streifen hoch hinauf, unten am Horizont leuchtete es grün, alles bestens von Auge sichtbar. Ungefähr 40 Minuten später wurde es gegen Süden knallrot, so ungefähr Richtung Grindavik. Aber es war kein Vulkanausbruch, es war das Nordlicht, welches in den nächsten Stunden völlig ausser Rand und Band geriet. Etwas eigenartig war, dass es ausgerechnet auf der sonst üblichen Nordseite des Hauses nichts zu sehen gab, das Sternbild des grossen Wagens stand dort am dunklen Nachthimmel. Von Westen bis Osten und über dem Kopf wusste ich kaum, wo ich schauen sollte. Das Farbenspiel war einfach einzigartig und hell, mein Staunen gross, senkrecht über mir explodierten immer wieder sternförmige Aurora-Coronas. Zum Glück gibt es unter den vielen Bildern auch ein paar Selfies, um am nächsten Tag Gewissheit zu haben, dass ich nicht geträumt hatte. Im Laufe der Nacht machte ich hinter dem Fenster noch zweimal Handybilder, die Polarlichter waren bis zum Anbruch des Tageslichts kein bisschen müde – im Gegensatz zu mir… Ich bin sehr gespannt, was uns an Nordlichtern während des Sonnenzyklus-Maximums noch bevorsteht und was meine Gäste und mich auf den kommenden Reisen erwartet. Die Wissenschaft lässt Gutes hoffen! Wer weiss, vielleicht gibt es bald auch wieder Chancen in der Schweiz und deren Nachbarländern. Hier aber nun in einer Galerie einige Bildeindrücke dieser unvergesslichen Nacht.

Kurzer Exkurs zum Fotografieren mit Kamera oder Handy: Ich muss gestehen, die Bilder von guten Smartphones im Nachtmodus überraschen mich sehr, die Qualität ist teilweise sehr gut. Es könnte gegebenenfalls mit Vergrösserungen oder dem Druck etwas schwierig sein, wenn das Gerät nicht ganz ruhig gehalten wurde. Für eine Kamera sollte man ein Stativ verwenden, im manuellen Modus und mit Manuellfokus fotografieren. Wer eine Fernbedienung hat, kann die Kamera aus der warmen Jackentasche arbeiten lassen und das Himmelsschauspiel bestens geniessen, was für mich ein klarer Vorteil ist und mit gut aufgelöste Bilder sind dann auch scharf.

2 Kommentare

  1. Ein herzliches Dankeschön für den Beitrag sowie die Bilder, unglaublich!
    Du lässt uns teilhaben an dem Wunder der Natur.
    Wünsche Dir weiterhin soviel „ Glück“ und grüsse herzlich eo

    • Sehr gerne liebe Elisabeth und schön, dass du so ein bisschen miterleben kannst, was der Himmel aktuell zu bieten hat. Herzlich Marianne

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