Sechster Vulkanausbruch bei Sundhnuksgigaröd mit Pele-Haaren und Nordlichtern – Update

Blick zum frisch gestarteten, 6. Vulkanausbruch. Bild Eggert, 22.08.2024

Am Abend des 22. August begann der sechste Vulkanausbruch bei den Sundhnuksgigar-Kratern, in der Nähe des Geothermischen Kraftwerks Svartsengi und der berühmten Blauen Lagune. Es ist die fünfte Eruption in diesem Jahr, die neunte auf der Halbinsel Reykjanes seit 2021. Immer wieder dasselbe könnte man meinen, aber jeder Ausbruch birgt doch seine Eigenheiten. Ein Update vom 06.09.2024 ist am Beitragsende zu finden.

Um es gleich vorweg zu nehmen, beim noch immer aktiven Ausbruch wurden weder der Ort Grindavik noch Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen. Die Behörden waren an den Tagen vor der jüngsten Eruption in erhöhter Alarmbereitschaft, als die Erdbebentätigkeit zunahm, wurden Personen sowohl aus Grindavik als auch aus Bad und Hotels bei Blue Lagoon problemlos innert vierzig Minuten evakuiert. Eggert war bis kurz vor der Evakuierung mit Reisegästen im Bad, fuhr diese nach Reykjavik und wurde auf dem Rückweg Augenzeuge des Ausbruchbeginns. Fast wie wir es im März beobachten konnten, öffnete sich auch diesmal eine Spalte, welche bald einmal ungefähr vier Kilometern lang wurde, auf der ganzen Länge schossen Lavafontänen in die Höhe. Noch in der gleichen Nacht gab es eine zweite kürzere Spalte etwas weiter nördlich. Bereits nach wenigen Stunden reduzierte sich die Tätigkeit genau wie bei den früheren Ausbrüchen. Die vulkanische Aktivität lag diesmal nördlicher und weiter weg von sämtlicher Infrastruktur, so dass man bald Entwarnung für Svartsengi und Blue Lagoon geben konnte, letztere blieb diesmal nur am Tag nach Ausbruchsbeginn geschlossen. Der Berg Stora-Skogfell ist mittlerweile von der jüngsten Lava umflossen. Diesmal spricht man von der Eruption am Stora-Skogfell.

Zahlen zeigen, dass der sechste Ausbruch mengenmässig der grösste der Serie ist, es scheint, bei jedem Ausbruch gelangt mehr Magma an die Erdoberfläche. Zwischenzeitlich verschlechtert sich die Luftqualität je nach Windrichtung auch in bewohnten Gebieten massiv. Zuviel Schwefeldioxid ist nicht gut, auf der Wetterwebseite vedur.is sind entsprechende Warnungen zu finden und es ist besser gegebenenfalls die Fenster zu schliessen und sich nicht unnötig draussen aufzuhalten. Details sind auf der Webseite loftgaedi.is zu finden. Auch wer chemisch nicht so viel weiss, sieht der Farbe der Zahlen schnell an, ob alles im grünen oder halt im roten Bereich ist. Eine erhöhte Schwefelbelastung wurde je nach Wind auch von Mitteleuropa bis zur Insel Madeira gemessen. 

Aktuell sind zwei Krater aktiv, welche bei geeignetem Wetter von der Flughafenstrasse und den Live-from-Iceland-Webcams bei Vogar gut zu beobachten sind (Distanz ca. drei Kilometer). Der Krater wächst und wächst, die Lava kann sehr hoch in die Luft schiessen, von bis zu 150 Metern war in Medienberichten die Rede. Wegen des Zusammenspiels von Wind und hohen Lavafontänen kam es in den letzten Tagen zur Bildung eines  eher seltenen Naturphänomens. In Keflavik und Vogar wurden sogenannte Pele-Haare entdeckt. Dies sind sehr dünne, gläserne Fäden, welche aus basaltischer Lava entstehen und vom Wind weggetragen werden. Die Pele-Haare können bis zu einem Meter lang werden, sich in Ecken ansammeln und Autolack beschädigen können. Auch Menschen sollten vorsichtig sein, wenn Pele-Haare vorhanden sind, da diese in die Haut eindringen können, wenn man sie anfasst, auch die Augen sind gefährdet und es ist ratsam sowohl Handschuhe als auch Schutzbrillen zu tragen. Grosse Mengen Pele-Haare wurden in einem Schwimmbad in Reykjanesbaer gefunden. Die Haarknäuel hielt man zu Beginn für Perückenhaare, was sich aber dann als nicht richtig erwies. Bei den früheren fünf Ausbrüchen fand man keine Pele-Haare, aber Spezialisten kannten diese von der Holuhraun-Eruption 2014. Das Bad wurde gereinigt und würde geschlossen, sollte man wieder Pele-Haare finden. Der Name Pele-Haare hat nichts mit der berühmten brasilianischen Fussballlegende zu tun, der Begriff stammt aus Hawaii, wo man von Haar der Pele spricht. Die goldene Farbe lässt sie wie menschliches Haar aussehen. Sie werden nach Pele, der hawaiischen Göttin des Feuers und Vulkane benannt. Pele soll gemäss der Mythologie im Vulkan Kilauea leben. In Island spricht man von „Nornahar“, übersetzt Nornen- oder Hexenhaar. Pelehaar ist eine natürliche Variante von Stein- oder Mineralwolle. Manchmal findet man an den Lavafäden ein erstarrtes Kügelchen, welches von einem Schmelztropfen stammt. Diese werden als Peles-Tränen bezeichnet. Darin können Gasbläschen eingeschlossen sein, welche Vulkanologen Gasproben aus dem Magma liefern. (Bilder von Pele-Haar und -tränen sind unter anderem auf Wikipedia zu finden.)

Das Ausbruchsgebiet ist für Touristen geschlossen und es besteht auch ein Bann für Drohnenflüge ohne Erlaubnis. Leider wird weder noch konsequent beachtet. Es gibt lauernde Gefahren durch noch unkartierte neue Erdspalten, welche durch die Erdbebentätigkeit in den letzten Monaten entstanden sind, durch Moosbrände, aber auch wegen alten Mörsergranaten, weil die Lava über ein ehemaliges Truppenübungsgelände der US-Armee fliesst. 

Aber nicht nur die Krater bei Stora-Skogfell sind aktiv, auch die Sonne hält sich zur Zeit nicht zurück und wartet mit mächtigen Stürmen auf. So hatte man jüngst gute Chancen, gleichzeitig einen Vulkanausbruch und Nordlichter fotografieren zu können. Dies blieb mir bis jetzt vergönnt, aber ich erfreute mich sehr am Bild von Vilhelm Gunnarsson in Visir und gratuliere zu dieser tollen Aufnahme. Das Foto hat bereits viel Anerkennung erhalten und füllt mit anderen ähnlichen Fotos die sozialen Medien. Wer weiss, ob mir so etwas auch mal irgendwann gelingt? Über eine mögliche Dauer des aktuellen Ausbruchs gibt es zur Zeit keine Angaben oder Spekulationen. Ob er bis Ende September durchhält, ist ungewiss. Aber Wünsche darf man haben, oder nicht?

Update 06.09.2024

Bei einem Flug über das Ausbruchsgebiet am 5. September haben die Behörden keine glühende Lava mehr gesehen und auch die verbleibenden zwei, zuletzt nur noch ein Krater spie nicht mehr. Offiziell wurde der Ausbruch noch nicht für beendet erklärt, aber dies dürfte bald folgen. Auch auf den Bildern der  Livecams konnte man kaum mehr etwas beobachten, was die letzten Tage vor allem am schlechten Wetter lag. Aber das ganze „Spiel“ scheint sich bereits zu wiederholen, GPS-Daten zeigen, die Landhebung bei Svartsengi begann wieder, die Magma-Kammer füllt sich. Wann also folgt der nächste Ausbruch?

2 Kommentare

  1. Herzlichen Dank für die interessanten Infos, vor allem von den Pelehaaren.
    Ich freue mich immer sehr Deine Infos zu lesen und es gibt ja auch immer wieder etwas zu lernen!
    Gruss eo

    • Liebe Elisabeth. Danke für deinen Kommentar. Und ja, auch ich wusste nichts von Pele-Haaren (erinnere mich nur an einen Vortrag über den Fussballer Pele während meiner Schulzeit). So erfahre auch ich immer Neues und es bleibt spannend. Zudem weiss ich nun, wenn rund ums Haus haarähnliche Büschel liegen, dass ich diese besser nicht einfach mit den Händen aufheben sollte…
      Herzliche Grüsse
      Marianne

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