Grindavik und Blue Lagoon zwei Jahre nach der Evakuierung

Strasse in Grindavik mit eingezäunten Häusern und Weihnachtsdeko. 11.11.2025

Am 10. November 2025 jährte sich der Tag der Evakuierung des Ortes Grindavik und der Blauen Lagune auf der Halbinsel Reykjanes zum zweiten Mal. Gleich beides wurde mir kürzlich auf dem Anflug nach Keflavik aus dem Flugzeugfenster präsentiert mit den neuen Lavafeldern und den Schutzdämmen, die in aller Eile errichtet wurden. Im Verlaufe dieser zwei Jahre gab es neun Vulkanausbrüche bei den Sundhunukagigarkratern, welche zum Teil Schäden bei Blue Lagoon und in Grindavik verursachten. Während meinem letzten Aufenthalt nahm ich einen Augenschein vor Ort und berichte dazu in diesem Blogbeitrag. 

Der Flug mit Sicht auf Grindavik war einmal mehr eindrücklich, zum Glück lag die Kamera bereit auf meinen Knien. Sowohl die neuen Lavafelder, die während der neun Ausbrüche seit Dezember 2023 entstanden, als auch die Schutzdämme waren gut erkennbar. Einen Vergleich des Gebietes vorher und nachher hatte ich bereits in einem früheren Beitrag gepostet.

Dass die Evakuierung nun zwei Jahre her ist, erfuhr ich aus den Medien. Grindaviks ursprüngliche Einwohner wurden zu diesem Jahrestag zu einer Versammlung mit einem Konzert eingeladen, der Anlass dürfte diese Menschen sehr emotional gewesen sein. Während beim berühmtesten Bad Islands, der Blauen Lagune mit seinen Hotels mehr oder weniger Normalbetrieb herrscht, stimmt einen der Besuch von Grindavik traurig, die Rückkehr zum früheren Leben dort scheint weit weg zu sein, wenn es überhaupt wieder so wird, wie vor der Evakuierung. Für mich veranschaulicht das Titelbild des Beitrags dieses Gefühl mit der eingezäunten Häuserzeile und der Weihnachtsdekoration. Weihnachten 2023 durften die ursprünglichen Einwohner Grindaviks nicht dort verbringen. Einen kurzen Moment gab es Hoffnung, da der erste Vulkanausbruch doch länger auf sich warten liess. Aber kurz vor Weihnachten, am 18. Dezember öffnete sich die Erde nördlich von Grindavik das erste Mal dieser Serie und Lavafontänen schossen in die Höhe. Dies sollte sich in der Folge noch achtmal wiederholen, ein zehnter Ausbruch wird eigentlich erwartet, aber auch die Vulkanologen wissen nicht, ob es wirklich dazu kommen wird oder nicht.

Zur Erinnerung: Vor der Evakuierung gab es über längere Zeit immer wieder Erdbebenschwärme, welche die Einwohner Grindaviks in Angst und Schrecken versetzten und sie kaum schlafen liessen. Die Erdstösse am am 10. November 2023 waren dann so heftig, dass sich Häuser spalteten oder danach schief standen, Strassen sich vertikal und horizontal verschoben, Leitungen wurden zerstört und im Boden zeigten sich zahlreiche neue Spalten. Der Ort wurde unbewohnbar und es war gefährlich dort zu sein. Bei den Vulkanausbrüchen floss Lava teilweise nahe an den Ort, beim zweiten Ausbruch am 14. Januar 2024 setzte diese einige Häuser am Ortsrand in Brand. Zufahrtsstrassen waren mehrmals von Lavaflüssen betroffen und es entstanden Schäden an Strom- und Wasserleitungen.

Von den ursprünglich ungefähr 4000 Einwohnern sind aktuell ungefähr ein Zehntel in Grindavik wohnhaft. Ob es ursprüngliche Bewohner sind oder nicht traumatisierte Neuzuzüger entzieht sich meiner Kenntnis. Im Südwesten Islands herrscht grosse Wohnungsnot und es ist gut möglich, dass Leute froh sind in Grindavik in unbeschädigten Gebäuden ein Dach über dem Kopf zu finden. Anscheinend versuchen einige Leute ihre ehemaligen Häuser, welche sie dem Staat verkauft haben, zurückzukaufen, aber dies scheint in langwieriger Prozess zu sein. Der Supermarkt, wenige Restaurants und einige Unterkünfte sind offen, aber weder Schule, noch Altersheim, noch Sportanlagen können genutzt werden. Grindavik ist für Familien mit Kindern aktuell kein freundlicher Wohnort mehr. Am Hafen und in den Fischfabriken wird gearbeitet, genauso sind Baumaschinen unterwegs und in Bewegung, aber die Beseitigung von Schäden oder ein Wiederaufbau erfordern unendlich viel Arbeit und Geld. Nach einem ersten verregneten Augenschein am 30. April 2025 folgt nun eine Bildergalerie, die am 11. November 2025 entstanden ist. 

Sowohl in Grindavik als auch bei der Blauen Lagune gibt es ein Sirenen- und SMS-Alarmsystem, mögliche Fluchtwege sind als Strassenschilder markiert. Weitere Vulkanausbrüche können mit nur wenig Vorwarnzeit jederzeit geschehen. 

Strassenschild mit Fluchwegmarkierung. Grindavik, 11.11.2025

Die Anfahrt zu Blue Lagoon ist sehr eindrücklich, es dampft links und rechts der mehrmals neu angelegten Strasse und man schlängelt sich auf dieser durch die junge Lava. Bei den vergangenen Ausbrüchen wurde die Zufahrtsstrasse mehrmals und der grosse Besucherparkplatz einmal von fliessender Lava bedeckt. In kürzester Zeit wurden jeweils neue Zufahrten geschaffen, so dass die wertvollste Firma Islands möglichst öffnen und erreicht werden konnte. Das Sicherheitskonzept ermöglicht schnelle Evakuierungen des Bades und der zugehörigen Hotels. Die errichteten Schutzdämme haben die Umgebung der Blauen Lagune sehr verändert. Sie sind sehr wichtig und nicht nur um touristische Infrastruktur zu schützen, sondern vor allem das Geothermische Kraftwerk Svartsengi, welches Strom und heisses Wasser in die umgebenden Orte bis Keflavik und zum Flughafen liefert. 

Leider habe ich keine aktuellen Informationen von Saerun und Heidar, welche am 11. November 2023, am Folgetag der Evakuierung, für ungefähr vier Monate in meinem Ferienhaus Unterschlupf fanden. Ich hoffe, sie bald einmal zu erreichen, um zu erfahren, wie es ihnen geht und wo sie nun wohnen.

Als eher pietätlos sind Touristen einzustufen, welche sich in den sozialen Medien unbedingt weitere Vulkanausbrüche wünschen und mit einem Fuss schon fast im Flugzeug sitzen, um möglichst aus der Nähe spektakuläre Fotos und Drohnenvideos machen zu können, sollte es wieder losgehen. Würden sich diese Personen doch gedanklich nur in die vor zwei Jahren evakuierten Personen versetzen und sich überlegen, was es bedeutet, alles hinter sich lassen und anderswo Fuss fassen zu müssen. Wir wünschen allen evakuierten ehemaligen Einwohnern von Grindavik, dass sie irgendwo einen angenehme Weihnachtszeit verbringen können und nicht zu sehr ihren eingezäunten, unbewohnbaren Häusern nachtrauern.

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